Sonnenverbrannt im Dezember

Seit wir wussten, dass wir den Winter über in Israel sein werden, habe ich von einem sonnigen Geburtstag geträumt. Einmal im Leben einen Geburtstag am Strand feiern, in der warmen Sonne liegen und draußen Kuchen essen. Endlich ist es so weit!

Silas hat bereits seit Tagen kleine Überraschungen für heute geplant: Herdplatten von Freunden besorgt, Eier und Tomaten aus dem Miznon geklaut, sich von Kibbutzniks Bacon und Kochschinken von geheimen Quellen in Eilat besorgen lassen… Alles nur, damit ich heute mein Wunsch-Frühstück haben konnte: endlich Rührei mit Tomaten, Paprika, Bacon und dazu Orangensaft, Chocolate Milk und GUTEN Käse. Ein großartiger Start in den Tag. Dazu gab es ein paar kleine Geschenke zum Auspacken, danke an Voula und Sieglinde 🙂

Anschließend hat uns Voula mit nach Eilat genommen. Vom Zentrum aus sind wir circa eine halbe Stunde zum Dolphin Reef gelaufen. Dazu gehören ein wunderschöner Hippie-Strand voller selbstgebauter kleiner Holzhäuschen und ein abgesteckter Bereich, in dem eine Delfinschule lebt. Das Dolphin Reef wirbt auf seiner Seite damit, dass die Delfine freiwillig dort sind: Sie werden nicht gefüttert, das Tor zum Meer ist geöffnet und sie können jederzeit hinaus schwimmen. Trotzdem verbringen sie den Großteil des Tages rund um den Strand des Dolphin Reefs, wo man (natürlich für Geld) im Bereich der Delfine tauchen und schnorcheln kann. Für normale Schwimmer und Strandbesucher gibt es einen abgetrennten Bereich.

Ich als Meeresfanatikerin war begeistert von diesem Konzept und Silas und ich hatten schon vorher darüber gesprochen, dass wir unbedingt dorthin wollten. Mein Geburtstag schien nun natürlich der perfekte Anlass zu sein. Als wir ankamen, bin ich als allererstes auf die Plattformen gelaufen, von denen man direkten Zugang zu den Delfinen hat. Sie sind so nah und wenn sie wollen, lassen sie sich sogar streicheln. Ewig habe ich dort gesessen und mir die Tiere angeschaut. Noch nie habe ich einen Meeressäuger aus solcher Nähe gesehen und das obwohl sie mich von Kindheitstagen an faszinieren.

Wir waren dann allerdings einigermaßen verwirrt, als einer der Dolphin Reef Mitarbeiter mit Eimern voll Fisch auftauchte und begann die Delfine zu füttern. Es stellte sich heraus, dass das auf der Website beschriebene Konzept über 7 Jahre hinweg sehr erfolgreich angewandt wurde. Leider wurde das Leben der Delfine in der Nähe von Eilat allerdings in den letzten Jahren zunehmend gefährlicher und unangenehmer. Sie wurden von Booten gejagt, Fischer fühlten sich von ihnen bedroht und Touristen versuchten auf sie zu springen, um sie zu reiten… Deshalb hat sich das Team vom Dolphin Reef dazu entschlossen, das Tor zum Meer zu schließen, die Delfine sind also nun dort eingesperrt.

Silas und ich sind uns beide noch nicht so sicher, was wir davon halten sollen. Auf der einen Seite können wir beide die Gründe nachvollziehen, die als ausschlaggebend für die Entscheidung genannt werden. Auf der anderen Seite sind wir uns ziemlich sicher, dass diese Entscheidung nicht bloß aus altruistischen Motiven zum Schutz der Delfine fiel: Das Dolphin Reef lebt von den zahlenden Touristen, die kommen, um die Delfine zu sehen. Wenn diese nun aber durch ihre Erfahrungen im offenen Meer das Zutrauen zu und die Lust auf Menschen verlieren und nicht mehr zurück ins Dolphin Reef kommen, sondern sich stattdessen ein ruhigeres Fleckchen Rotes Meer suchen, verliert das Dolphin Reef seine Lebensgrundlage. Keine Delfine, keine Touristen, keine Einnahmen. Die Delfine haben nun also kein weites, offenes Meer zu ihren Flossen, sondern sind auf einer (meiner Meinung nach) eher kleinen Fläche eingesperrt, werden dort gefüttert und lassen sich von Menschen den Bauch kraulen. Ich bin mir nicht so sicher, ob das so viel besser ist als ein Delfinarium, in dem Kunststückchen vorgeführt werden.

Trotz dieser Zweifel und den daran anschließenden Diskussionen war es ein faszinierendes Erlebnis. Gerade meine Familie kennt ja meine Obsession mit allem Meeresgetier und für mich war es eine große Ehre, diesen wunderschönen Tieren so nah kommen zu können. Stundenlang habe ich mit den Füßen im Wasser da gesessen und darauf gewartet, dass sich ein Delfin vor mir zeigt. Immer wieder sind sie nur einen Meter von meinen Füßen aus dem Wasser aufgetaucht, haben mich angeschaut und sind dann weiter geschwommen. Es war wirklich ein einmaliges Erlebnis…

Nach diesem unglaublich sonnigen, warmen und ereignisreichen Tagkam um 4 Uhr starker Wind auf. Plötzlich waren die Berge auf der anderen Seite des Roten Meeres nicht mehr zu sehen: Sand und Wolken überall. Silas und ich beschlossen, nach Yotvata zurück zu fahren, bevor der Sandsturm die israelische Küste erreicht. Doch es blieb noch ein Geburtstags-Wunsch: Eine Pizza mit extra viel Käse. Zusammen haben wir also im Zentrum von Eilat noch eine monströse XXL Pizza verdrückt und sind dann müde und sonnenverbrannt nach Yotvata zurück gefahren. Ein großartiger Tag, der mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben wird…

2 Gedanken zu „Sonnenverbrannt im Dezember

  1. Matthias sagt:

    Ist das spannend und außerordentlich ! Und ein sehr nachdenklicher Bericht, man spürt deine Enttäuschung, wenn Ideale zerstört werden.

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