Quer durch Kroatien (und Bosnien)

von Mia

Es tut so gut, endlich am Meer zu sein, dass wir gar nicht mehr weg wollen. Wir lassen uns viel Zeit für Kroatien – auch weil besonders ich so überrascht darüber bin, wie wunderschön es hier ist.


Die nächste Station ist für eine Nacht Primošten auf unserem Weg nach Split. Auf einem kleinen Waldparkplatz verbringen wir die Nacht und am versteckten Strand mit Blick auf die kleine Stadt gibt es am nächsten Morgen Frühstück und eiskalte Katzenwäsche im Meer.

Frisch und wach machen wir uns auf ins Getümmel rund um Split, mit knapp 250.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt Kroatiens. Kurz: Alles voller Autos und keine freien Parkplätze in Sicht. Nach einigem Rumgegurke finden wir dann doch was, und zwar direkt vor Silas‘ Trainingsort.

Der erste Eindruck von Split war nicht so toll – und falsch. Von Weitem sehen wir überall nur Plattenbauten und auch von Nahem sieht der größte Teil der Stadt nicht besonders einladend aus, eher ein wenig ghettoig…

Doch der erste Eindruck kann trügen – selten hat sich das so bewahrheitet wie in Split. Der Kern der Stadt ist der alte Diokletian-Palast, wozu sich Silas an dieser Stelle gerne äußern möchte:

Silas (im schulmeisterlichen Tonfall):

Der alte Residenzpalast des berühmten römischen Imperators Diokletian (geboren bei Split) stellt seine Pensionsstätte dar. Im rechteckigen Grundriss mit Blick auf die Hafenfront bestimmt er den historischen Stadtkern von Split. In diesem haben nach der Zerstörung (Niedergang d. röm. Reiches, Völkerwanderung) verschiedenste Kulturen ihre architektonischen Spuren hinterlassen. So zu nennen die Byzanthiner, Venzianer, Osmanen, kroatischen Könige, usw.

Die Verehrung der Spliter für Diokletian hat sich mir nicht so ganz erschlossen. Laut Reiseführer hat der gute Mann eine der größten Christenverfolgungen angezettelt und dabei auch – hoppla – Frau und Tochter verbrennen lassen, weil sie Christinnen waren. Trotzdem sind in der katholischen Kathedrale Splits Mosaike von ihm. Sachen gibt’s…

Die die Altstadt umgebende, eigentliche Stadt sieht zwar nicht nach großem Kino aus, ist aber angefüllt mit lauter wirklich netten Menschen. Silas‘ Trainingskollegen versichern uns mehrmals, dass es überhaupt kein Problem sei, einfach irgendwo zu parken und in Bob zu schlafen. Silas‘ Trainer meint nur: „You could sleep right here, on the grass. Nobody would disturb you, just maybe ask you if you’re allright. Everyone knows everyone here, crime is just not worth the effort, because you will always get caught.“

So ganz kann ich ihm nicht glauben, dass es in Split keine Kriminalität gibt, aber es ist gut zu wissen, dass niemand sich von uns und Bob stören lassen wird. Wir verbringen ein paar schöne Tage in Split, schauen uns in die Altstadt an, brutzeln in der Sonne, Silas geht zum Training und abends gehen wir Bier trinken. Die Spliter BJJ Leute sind so offenherzig wie wir schon lange niemanden mehr getroffen haben. Wir unterhalten uns viel, auch über Jugoslawien und die guten alten Zeiten. Laut Bruno macht es für die Spliter keinen Unterschied, ob sie ihr Geld an die jugoslawische Zentralregierung oder die Zagreber Regierung abgeben müssen. Für sie ist alles einerlei und eigentlich fänden es die Spliter ganz nett, wenn sie ihr eigenes kleines Reich hätten. Doch was soll man machen? Die Mentalität der Spliter sei es einfach nicht, etwas zu tun. So seien sie noch nie gewesen. Im zweiten Weltkrieg, als die Deutschen kamen, da seien sie einfach hoch in die Berge und hätten gewartet, dass die Deutschen wieder gehen. Und wenn sie nicht gegangen wären, na dann wären die Spliter eben wieder runter gekommen und Deutsche geworden. „So lange wir in der Sonne sitzen können und Kaffee trinken, ist das doch einerlei“, behauptet Bruno. „Die Spliter Mentalität ist: Sitzen, Kaffee trinken, hypothetisch über die Abspaltung von Kroatien zu fachsimpeln und dann einen Deppen finden, dem man sagen kann: „Wäre es nicht toll, unabhängig zu sein? Wäre das nicht ein guter Grund, auf die Straße zu gehen?“, sich zurücklehnen und abwarten, ob was passiert. Aber wenn nichts passiert, dann ist das auch in Ordnung.“

Wir jedenfalls genießen diese entspannte Art, das Leben auf sich zukommen zu lassen und nehmen uns beide fest vor, etwas davon für uns mitzunehmen. An der bosnischen Grenze können wir diesen Vorsatz auch gleich testen. Um unser nächstes Ziel, Dubrovnik, zu erreichen, müssen wir durch ein kleines Stückchen Bosnien fahren. Für unsere 10 Kilometer durch das nächste Land brauchen wir allerdings länger als geplant, da wir (natürlich) rausgewunken werden. Dieses Mal geht es nicht um Bob, sondern um uns. Unsere Pässe werden gründlichst kontrolliert und dann wird Bob gefilzt, nicht sehr gründlich, aber trotzdem unangenehm. Wir stehen daneben, essen Kekse und schauen den Grenzbeamten dabei zu, wie sie unser Zuhause auf den Kopf stellen. Als sie schließlich außer dem Pfefferspray nichts finden konnten, erklärt uns Grenzbeamter Nummer 1, dass Pfefferspray aus seiner Sicht ungefährlich sei, aber die Kollegen an der anderen Grenze könnten das anders sehen und uns eine Strafe von 300 € aufdrücken. Wir sollten es lieber entsorgen. Schweren Herzens schmeißen wir also unser Pfefferspray in die große Mülltonne – ohne zu erwähnen, dass wir noch ein weiteres haben…

Nach Dubrovnik schaffen wir es dann nicht mehr ganz, weil wir beide ziemlich müde sind und die Sonne untergeht. Wieder mal finden wir einen wunderschönen Strand, an dem wir bald tief und fest schlafen. Am nächsten Morgen die erste unangenehme Begegnung mit einem Kroaten. Ein wütender Mann haut fast eine Delle in Bobs Seitentür und wir schrecken hoch. Er erklärt uns: „Das geht gar nix! Hier nix schlafen! Weg, weg!“ Also setzen wir uns nach vorn, fahren die kleine Straße zur Hauptstraße hoch und stellen uns dort auf den Parkplatz. Teewasser wird aufgesetzt, Frühsport gemacht, als unser österreichisches Großelternpaar aus Pakostane plötzlich hinter uns hält. So sieht man sich wieder! Gemeinsam gehen wir wieder zum Strand runter, schwimmen, frühstücken, plaudern. Für einen Blödmann trifft man zwei nette Menschen – schön!

Dann geht es endlich nach Dubrovnik, auch bekannt als King’s Landing aus der Serie „Game of Thrones“. In echt sieht King’s Landing noch beeindruckender aus mit den roten Dächern, den Türmen und dem kristallklaren Meer rundherum. Wir verbringen ein paar entspannte Stunden damit, durch die Stadt zu spazieren, uns alte Steine und lustige Leute anzuschauen. Dann ab nach Montenegro! An der komplett leeren Grenzstation werden unsere Pässe kurz gestempelt und dann dürfen wir weiterfahren.

2 Gedanken zu „Quer durch Kroatien (und Bosnien)

  1. Matthias sagt:

    Toller Bericht!
    … bald geht ihr dem preußischen Leben verloren,
    … und verdient euer Geld mit dem Import israelischer Datteln und echtem kroatischen Pipi!

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