von Silas und Mia
Die ersten 6000 Kilometer sind geschafft (bei km-Stand 70.000 hatten wir Bob gekauft) – Zeit für eine kurze Verschnaufpause und einen Blick zurück…
Was uns beiden vom Beginn der Reise besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der Stress: Wir müssen jetzt los, die Vorbereitungen müssen jetzt fertig sein, wir müssen Deutschland schnell verlassen… Die ersten Kilometer durch Deutschland und Österreich waren geprägt von einer Hektik und dem drängenden Gefühl, möglichst viel und möglichst weit zu fahren. Das Wetter hat natürlich auch extrem dazu beigetragen, denn es war schweinekalt. Es hat bei uns beiden lange gedauert, dieses Gefühl los zu werden. Wir mussten uns erst einmal an den Gedanken gewöhnen, jetzt endlich nach so langer Planung unterwegs zu sein und auch plötzlich keine To-Do-Liste mehr erfüllen zu müssen. Die ersten Wochen waren also geprägt davon, sich auf das Reisen selbst einzulassen und einen Rhythmus zu finden.
In Ungarn entspannte sich alles endlich etwas. Wir beide realisierten langsam, dass wir uns nicht beeilen müssen, dass uns nichts vorantreiben sollte außer der Freude am Weiterfahren. Trotz der nach wie vor vorhandenen Kälte gewöhnten wir uns an eine gemütlichere und langsamere Art des Reisens.
Dafür ereilte uns in Budapest eine Sinnkrise des Reisens: Warum machen wir das eigentlich? Wo soll das hinführen? Wir liefen durch Budapest und hatten beide ein kleines Gefühl des Verlorenseins. Das letzte Jahr war geprägt durch die Vorbereitungen für diese Reise, es gab immer dieses Ziel, auf das wir hingearbeitet haben. Plötzlich ist das Ziel erreicht, wir sind unterwegs – und nun?
Auch aus dieser Sinnkrise haben wir uns ganz gut rausgearbeitet. Für uns schien es schwer zu sein, etwas nur um dieses Etwas willen zu tun. So ganz ohne Ziel, ohne Aufgabe fühlten wir uns verloren und überflüssig. Jetzt reisen wir um des Reisens willen und genießen jeden Augenblick davon. Es ist faszinierend, wie viele verschiedene Leben, wie viele verschiedene Menschen wir unterwegs schon getroffen haben. Es gibt so viel zu sehen und zu erleben. Wir haben mittlerweile das Gefühl, in jedem einzelnen Land mehrere Monate verbringen zu können und es dann doch noch nicht richtig fassen zu können.
À propos Länder: Bisher war jedes Land, das wir durchquert haben, auf seine Weise beeindruckend. Insbesondere Osteuropa hat bei Mia, die noch nie dort war, Eindruck hinterlassen: Die gelb-grünen Felder Ungarns, das türkisfarbene Meer Kroatiens, die tiefgrünen Berge Montenegros, die unglaublich hilfsbereiten Menschen Albaniens und die tausend Facetten Griechenlands. Alles hat seinen ganz eigenen Charme und wir wurden bisher überall mit offenen Armen empfangen.
Natürlich war aber nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen. Nach so langer Zeit zu zweit auf ein paar Quadratmetern gab es auch die eine oder andere Streiterei. Allerdings war bisher noch nichts Gavierendes dabei. Vielmehr hat es uns beiden die Möglichkeit gegeben, die letzten 5 Jahre Beziehung Revue passieren zu lassen und darüber nachzudenken, wie wir jetzt eigenlich weiter machen wollen. Wollen wir was ändern? Was wollen wir ändern? Was stört uns aneinander, an unserem Umgang miteinander? Was gefällt uns sehr gut so, wie es läuft? Für unsere Beziehung war diese Reise wohl das Beste, was passieren konnte. Im Berliner Alltag hätten wir niemals so viel Zeit gehabt, über so viele Dinge zu sprechen und unser Zusammensein so ausführlich zu reflektieren.
Trotzdem war uns beiden nach 2 Monaten auf der Straße klar, dass wir mal ein wenig Abwechslung brauchen: Mal ein paar andere Menschen sehen, endlich mal wieder ein bisschen arbeiten. Dadurch sind wir auf helpx gestoßen, wodurch wir in Eumelia landeten – eine großartige Zeit! Dazu kamen der Besuch meiner Eltern und unser Treffen mit Freunden auf Lefkada. Das hat uns beiden gut getan, weshalb wir jetzt mehr denn je versuchen die Balance zwischen unterwegs sein und kurzzeitigen Aufenthalten zu finden. Für die kommenden Wochen stehen BJJ-Gyms, helpx-Arbeit und Freunde in der Türkei auf der Liste.
Aber was machen wir eigentlich den ganzen Tag?
Wir sind zu einem großen Teil mit den alltäglichen Dingen des Reisens beschäftigt: Autofahren, einen guten Schlafplatz finden (was oft einige Zeit in Anspruch nimmt, da wir niemanden stören wollen, es schön sein soll, aber versteckt, am besten mit Meerzugang (wegen Waschen), aber nirgendwo, wo zu viele Menschen rumlaufen….), Holz sammeln, Essen kochen, einkaufen, an Bob rumschrauben… Außerdem haben wir uns angewöhnt, morgens Sport zu machen. Ja, sogar Mia hat jetzt eine App, mit der sie im Schnitt jeden zweiten Tag morgens ein 30-Minuten-Workout macht. Training läuft also… Wenn dann noch Zeit bleibt, lesen wir beide sehr viel und erkunden die Gegend durch Spaziergänge. Sobald wir am Wasser sind, gehen wir natürlich viel schwimmen und schnorcheln. Strandtage hatten wir auf jeden Fall genug in den letzten Wochen. Mia fängt auch langsam wieder an zu schreiben – wird auch mal wieder Zeit!
Mittlerweile sind wir ganz offen, ob wir bis nach China kommen oder nicht. Wo vorher eine Art Zwang herrschte („Wir müssen das schaffen!“), haben wir jetzt einen wesentlich entspannteren Umgang gelernt. Es wäre ziemlich cool, wenn es klappt. Aber wenn es nicht klappt, haben wir schon jetzt so viele großartige Sachen erlebt, dass wir China nicht nachtrauern werden.
Seid ihr produktiv! Toll! 2. Antwort nach ruhigerem Lesen –
hier schreibt Mama: wir haben gerade Euren Blog gelesen – ist ja unglaublich, was sich in den paar
Wochen bei Euch getan hat ….. auch wie tief und eindrücklich Ihr Reisen und Eure Beziehung beschreibt …. super ….
wir sind schon gespannt, wie´s weiter geht!