Goodbye Georgia!

von Mia

Wir verlassen Georgien wieder. Es war eine interessante Zeit mit tollen Menschen, seltsamen Traditionen und unerwarteten Selbsterkenntnissen. Was bleibt uns nach fast 4 Wochen besonders in Erinnerung?


Die Sprache

Zuerst einmal ist da die Sprache. Eine faszinierende Schrift, von der wir nach wie vor keinen einzigen Buchstaben können. Eine zungenbrecherische Aussprache, die wir nur bei einigen wenigen Wörtern meistern konnten. Georgisch ist definitiv keine leichte Sprache…

Kleiner Sprachführer: Georgisch


Hallo!
ja
nein
Danke.
Gern geschehen.
Bitte.
Entschuldigung.
Prost!
Ich spreche kein Georgisch.
wunderbar
eins
zwei
Bier

გამარჯობა! Gamardschoba!
დიახ diach
არა ara
გმადლობ Madloba
არაფრის. arapris
თუ შეიძლება. tu sheiidzlehbah
ბოდიში. bodischi
გაგიმარჯოს! Gagimardschos!
მე არ ვიცი ქართული. Me ar vitsi qartuli.
შესანიშნავი shesanishnavia
ერთი erti
ორი ori
ლუდი ludi


 

Freundlichkeit und Offenheit

Von den Georgiern bleibt vor allem der Eindruck ständiger Brummeligkeit und eines allgegenwärtigen Skeptizismus hängen. Nachdem wir in der Türkei stets und überall freudig begrüßt und eingeladen wurden, überwog in Georgien zunächst einmal das misstrauische Starren. Auch servicemäßig besteht noch viel Potential… Wir sind nicht die Einzigen, die die Georgier als eher unfreundlich wahrnehmen. Eine Thai-Frau, mit der wir uns beim Essen länger unterhalten, bezeichnet die Georgier als „very hard people“. Wenn man aber endlich einen Zugang zu den Georgiern gefunden hat und sich länger als 5  Minuten mit ihen unterhält, öffnen sie sich, lachen sogar. Uns wurde diese Tür besonders durch Nutsa, Rezo, Tamuna und Gela geöffnet. Sie waren von Anfang an sehr hilfsbereit und freundlich und haben versucht, uns die georgische Mentalität verständlich zu machen.

„Kein Alkohol ist auch keine Lösung“

Von den georgischen Eigenheiten bleibt uns besonders der Alkoholkonsum in Erinnerung: Zu jeder Tageszeit kann man, wenn man möchte, in Georgien betrunkene Männer finden. Viele mittelalte Männer laufen mit entblößten dicken Bäuchen und rudolph-roten Nasen herum und machen aus ihren Trinkgewohnheiten keinen Hehl. Als wir aus Vashlovani zurück kommen und an einer kleinen Gaststätte halten, können wir beobachten, wie sie mit ihren zerdepperten Autos anhalten, ihre 2 Liter Plastik-Bierflaschen zum Tresen bringen und an einer speziellen Vorrichtung nachfüllen lassen. Dann geht’s weiter. Offiziell herrscht in Georgien 0 Promille beim Fahren, doch daran hält sich niemand und es wird auch nicht kontrolliert (laut unseren georgischen Kontakten). Während wir um 13 Uhr leckeres Essen essen, sitzen am Nebentisch 4 Männer, die schon ordentlich einen über den Durst getrunken haben und sich nun noch weiter zu prosten. Lange Trinksprüche, Gelächter, Tränen und Gesänge wechseln sich ab. Es ist schon ein Schauspiel, Georgier beim Trinken zu beobachten. Nutsa erzählt uns außerdem, dass es in besonderen Fällen auch dazu kommen kann, dass aus Schuhen, Dachziegeln und Ähnlichem getrunken werden muss. Das konnten wir leider nicht beobachten…

Für uns bleibt die inoffizielle georgische Hymne folgende:

Die Kirche

Wir waren etwas schockiert ob der Macht der Kirche. Nach wie vor ist Georgien ein sehr religiöses Land. Wenn der Bus an einer Kirche vorbei fährt, bekreuzt sich mindestens die Hälfte der Fahrgäste mindestens drei Mal. Viele Frauen tragen noch Kopftuch und die Propagandamaschine gegen den Islam und islamische Länder läuft auch auf Hochtouren. Alles schön und gut. Aber die Kirche scheint nicht nur gesellschaftlich, sondern auch politisch noch ziemlich viel in Georgien mitzumischen. Das erzählt uns zumindest die jüngere Generation, die davon nicht allzu begeistert ist. Auch in einer Dokumentation über Tbilisis berühmtesten Techno-Club (sehr sehenswert!) wird erwähnt, dass sie Sorge haben, die Kirche würde sie als anti-christlich einstufen und so ihre Schließung herbeiführen. Echt schräg. Man stelle sich vor, die Kirche würde versuchen, das Berghain schließen zu lassen…

Jung und Alt im Konflikt

Was uns besonders aufgefallen ist, ist der Konflikt zwischen der jungen, westwärts gerichteten Generation und denjenigen, die in der Sowjetunion aufgewachsen sind. Nicht alle der alten Generation trauern der Sowjet-Zeit hinterher (auch wenn es dort ein paar interessante Charaktere gibt (siehe Doku)), doch sind die meisten auch nicht begeistert vom Westen und dem Drang der Jugend, sich Europa anzupassen. Während Hipster-Cafés und Coworking spaces in Tbilisi boomen, werden wir als Europäer in manchen östlichen Dörfern noch ganz schön angestarrt. Da die Jugend aber ein Drittel der Bevölkerung ausmacht und knapp ein Viertel der Bevölkerung im hippen Tbilisi wohnt, glauben wir, dass die Bewegung nach Westen kaum noch zu stoppen ist.

Tbilisi

Wir haben die meiste Zeit letztendlich in Tbilisi verbracht und es hat uns super gefallen. Tbilisi hat einen gewissen Großstadt-Flair und trotzdem ist sie eine kleine Stadt, in der die meisten Leute einander über Ecken kennen oder sogar verwandt sind. Uns wird das extrem deutlich, als wir bei Tamuna zu Hause ausschlafen und es plötzlich an der Tür klopft. Davor steht ein bekannter Journalist und Politiker, der gerne in der nächsten Wahl gewählt werden möchte. Er klappert jetzt jede einzelne Wohnung des Bezirks ab, um sich persönlich vorzustellen. Wir befinden uns da gerade im 10. Stock eines 16-stöckigen Hauses, auf jeder Etage sind zwei bis drei Wohnungen. Drumherum befinden sich in Sichtnähe vom Eingang allein 5 ähnliche Häuser – keine Ahnung, wie der Mann bis zur Wahl fertig werden möchte, aber wir bewundern seine Ambition sehr…

Essen: All-time favorites

Für Mia ganz klar: Lobio (Kidney-Bohnen im Topf), Pilze mit Sulguni-Käse und Ojakhuri mit Pilzen und Kartoffeln. Chatschapuri war leider etwas enttäuschend – obwohl (oder vielleicht weil?) ich mich so drauf gefreut habe. Rinkali, Georgiens zweites Nationalgericht, kann ich nicht empfehlen. Zu allem Essen eine leckere Zedazeni Limonade, Estragon oder Zitrone sind super!

Für Silas: Chakapuli, ein Fleischeintopf mit leckerem Koriander und Kalbsfleisch, Pilze mit Sulguni-Käse und der einfache Gurken-Tomaten-Salat ist grundsätzlich sehr lecker.

Nachtrag: Das Autofahren

Keine Ahnung, wie ich das in der ersten Version vergessen konnte, aber ide Georgier sind mit Abstand die schlimmsten Autofahrer. Noch nie haben wir so todesverachtenden Menschen getroffen. Mit 120 auf jeder Art von Straße, überholen bei 2 Metern zum Gegenverkehr, ohne Licht und ohne Gurt, halb auseinander gefallene Autos, bei denen man sich fragt, wie die immer noch so schnell fahren können, 2-Liter Bierflaschen als Reiseproviant und dazu noch ständig irgendwelche Tiere auf der Straße. Ein georgischer Trucker fasste es so zusammen: „There are no rules in Georgia except for „Don’t get your car hit by anyone!“ – everything else is allowed…“

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